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Interview mit Frank Rechsteiner von der Hype Group

Portrait von Frank Rechsteiner
Frank Rechsteiner ist Inhaber der Hype Group, die auf Executive Recruiting und Strategieberatung für IT-Unternehmen spezialisiert ist

[Sponsored Post] – Der Fachkräftemangel ist eine Mär, behauptet Personalberater Frank Rechsteiner – und verweist auf die große Zahl an Arbeitnehmern in Deutschland, die einem Jobwechsel nicht abgeneigt sind. Doch müssen sich die Unternehmen Einiges einfallen lassen, wollen sie die passiv Stellensuchenden für sich gewinnen. In seinem neuen Buch „Recruiting Mindset“ beschreibt Rechsteiner, wie Personalgewinnung in Zeiten der Digitalisierung geht.

Während die Arbeitgeber zunehmend über offene Stellen klagen, machen Sie überkommene Recruiting-Methoden für die Personalmisere verantwortlich. Woran hapert’s Ihrer Ansicht nach?

Obwohl sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt hat, halten viele Unternehmen nach wie vor am „Post & Pray“-Prinzip fest – also Stellen ausschreiben und auf Bewerbungen warten. Sie verkennen dabei, dass sie sich heute selbst aktiv um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewerben müssen, und führen ihre Recruiting-Probleme allein auf den Fachkräftemangel und demografischen Wandel zurück. Dabei gibt es auch in der Gegenwart zahlreiche Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Personalfindung. Einer aktuellen Gallup-Studie zufolge fühlen sich fast drei Viertel der Arbeitnehmer hierzulande nur schwach an ihren aktuellen Arbeitgeber gebunden und lassen eine hohe Wechselbereitschaft erkennen. Mit innovativen Recruiting-Methoden kann es den Unternehmen gelingen, diese höchst unzufriedenen Mitarbeiter für sich zu interessieren und zu einem Stellenwechsel zu motivieren.

Welche Strategien und Maßnahmen empfehlen Sie den Arbeitgebern dafür?  

Ganz oben auf der Agenda sollte Active Sourcing stehen, also das proaktive Recherchieren, Ansprechen und Rekrutieren möglicher Mitarbeiter. Ziel ist es, zu interessanten Kandidatinnen und Kandidaten eine langfristige Beziehung aufzubauen, um sie bei Bedarf für neu entstehende Vakanzen zu gewinnen. Damit dies gelingt, müssen Firmen zuallererst eine attraktive Arbeitgebermarke entwickeln, die auf klaren unternehmerischen Werten und Zielen sowie einem offenen Kommunikationsstil basiert. Hinzu kommen sollten moderne, flexible Jobmodelle, mit denen die Beschäftigten ihre Arbeitsbedingungen immer wieder an veränderte Lebenssituationen anpassen können. Gerade Nachwuchskräfte lehnen starre Arbeitszeiten ab und verlangen nach Möglichkeiten zur beruflichen und persönlichen Selbstgestaltung, wie sie mit Teilzeit, Homeoffice und Sabbaticals verbunden sind.

Wie gelingt es Unternehmen, in Erstkontakt mit potenziellen Bewerbern zu kommen?  

Statt nur sich selbst und ihre Leistungen als Arbeitgeber darzustellen, sollten Firmen bevorzugt auf Content Recruiting setzen. Dazu werden Blogs, Infografiken, Videos, Whitepaper, Studien, Experteninterviews und Gewinnspiele genutzt, um die Kandidaten mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten auf sich aufmerksam zu machen. Keinesfalls fehlen darf ein deutlicher „Call to Action“, der dafür sorgt, dass die Interessenten ihrerseits Kontakt mit einem Unternehmen aufnehmen – das kann vom Herunterladen einer interessanten Datei über den Besuch der Karriere-Webseiten bis hin zur persönlichen Teilnahme am nächsten „Tag der offenen Tür“ reichen.

In Ihrem Buch betonen Sie, dass eine klare Arbeitgebermarke eine unerlässliche Voraussetzung für den Cultural Fit ist. Was hat es damit auf sich?

Cultural Fit, die kulturelle Übereinstimmung von Bewerbern und Unternehmen, gilt als zentraler Erfolgsfaktor bei Stellenbesetzungen. Passen Werte, Normen und Einstellungen nicht zusammen, streben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon bald nach dem Firmeneintritt einen Jobwechsel an. Fehlender Cultural Fit dürfte auch der Hauptgrund sein, warum so viele Beschäftigten kaum eine Bindung an ihren Arbeitgeber verspüren und bereits innerlich gekündigt haben, wie im neuen Gallup Engagement Index wieder einmal eindrucksvoll belegt. Wollen Unternehmen verhindern, dass es ihnen bei Neueinstellungen ähnlich ergeht, müssen sie ein eindeutiges Arbeitgeber-Profil aufbauen. Denn nur so können sich ihre Kandidaten eine klare Vorstellung davon machen, wie sich ihr Job künftig gestaltet. Zur Identifizierung der tatsächlich gelebten Arbeitskultur empfehle ich den Unternehmen gezielte „Kultur-Workshops“, die unter Mitwirkung aller Fachabteilungen stattfinden.

Im Vorstellungsgespräch sollten die Arbeitgeber strukturierte Interviews auf Basis von Vorlagen nutzen. Nur so lässt sich nämlich Transparenz darüber erzielen, welche Rahmenbedingungen ein Bewerber für eine gute Arbeitsleistung benötigt, was er unter guter Teamarbeit versteht und welche Aspekte für ein positives Arbeitsklima sowie eine gute Personalführung ausschlaggebend sind. Leider setzen viele Arbeitgeber immer noch auf freie Interviews und riskieren dabei, nicht nach kultureller Übereinstimmung, sondern allein nach Sympathie zu entscheiden.

Welche Rolle spielen Mitarbeiterempfehlungen für das neue Recruiting Mindset?

Eine ganz erhebliche! „Auch die beste geschriebene und designte Stellenanzeige wird nie mit einer persönlichen Story oder Empfehlung mithalten können“, brachte einer meiner Kunden die Vorteile von Influencer Recruiting auf den Punkt. Dazu werden von den Unternehmen Mitarbeiter identifiziert, die nach außen aktiv als Markenbotschafter wirken – zum Beispiel via Blogs, Bilder und Videos auf Social Media. Firmen steigern damit ihre Glaubwürdigkeit und Reichweite auf dem Arbeitsmarkt. Denn wenn die Beschäftigten ehrliche Unternehmenseinblicke ermöglichen, zählt dies mehr als sämtliche Argumente im Vorstellungsgespräch. Doch auch hier gilt: Wer seine Beschäftigten zu Markenbotschaftern entwickeln will, muss eine wertschätzende Unternehmenskultur und eine starke Arbeitgebermarke installieren. Denn nur ein zufriedener Mitarbeiter ist auch willens, sein Netzwerk zu aktivieren, um über seinen Arbeitgeber positiv zu berichten.

Mit dem neuen Recruiting Mindset geht für die HR-Manager und Recruiter ein verändertes Rollenverständnis einher. Worauf müssen sie sich einstellen?

Viele Personaler betrachten Recruiting noch immer als rein administrativen Prozess, bei dem sie von den Fachabteilungen die Stellenanforderungen mitgeteilt bekommen und die Bewerbungsprozesse organisatorisch betreuen. Künftig jedoch müssen sie als Vermittler und Brückenbauer agieren – zwischen den immer anspruchsvolleren Kandidaten einerseits und den Fachkollegen andererseits, die viel stärker ins Recruiting einzubeziehen sind. Moderne Recruiter handeln proaktiv und offensiv und verstehen sich auf die Vermarktung von Vakanzen, wie es die klassischen Vertriebler im Bereich von Produkten und Dienstleistungen tun. Sie fungieren als Talentscouts, indem sie Social Media, Fachtagungen, Messen, Netzwerke, eigene Talent-Pools sowie Karriere-Events zur Direktansprache nutzen.

Sie pflegen enge Kontakte zu den Geschäftsbereichen, um deren Bedürfnisse kennenzulernen und in die Stellenanzeigen einfließen zu lassen. Dafür sollten sie auch für eine gewisse Zeit in den Fachabteilungen mitarbeiten. Denn dies ist die beste Gelegenheit, hautnah mitzuerleben, welche Werte das Unternehmen im Umgang mit Mitarbeitern, Partnern und Kunden pflegt. Begleiten die HR-Mitarbeiter zudem ihre Vertriebskollegen bei Kundenpräsentationen und Verkaufsgesprächen vor Ort, können sie sich aus erster Hand über das unternehmenseigene Produkt- und Serviceangebot und dessen Marktposition informieren. In regelmäßigen Gesprächen mit der Geschäftsleitung und den Führungskräften halten sich die Personaler über Trends und Neuentwicklungen im Unternehmen auf dem Laufenden – und schaffen damit eine weitere wichtige Voraussetzung für ein Recruiting, das auf einer authentischen, unverwechselbaren Arbeitgebermarke basiert,

Herr Rechsteiner, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihrem neuen Buch!

Frank Rechsteiner ist Inhaber der Hype Group, die auf Executive Recruiting und Strategieberatung für IT-Unternehmen spezialisiert ist. Zuvor hatte er langjährige Führungspositionen bei internationalen IT-Anbietern inne. Mit regelmäßigen Umfragen und Studien ermittelt er Trends im Arbeits- und Bewerbermarkt und ist Autor von Fachbüchern, zuletzt:  Recruiting Mindset. Personalgewinnung in Zeiten der Digitalisierung. Haufe 2019.

Frank Rechsteiner
Dom Pedro Straße 16
80637 München
49 (0)30 / 27 58 94 22
[email protected]
www.frankRechsteiner.de

Marit Schmitt
Marit Schmitt
Marit Schmitt ist seit September 2017 als Online-Redakteurin bei Business.today Network tätig.
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