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Plattformökonomie und die Revolutionierung der Arbeitswelt: Ansätze für eine faire Umsetzung

Hamburg (btn/Gastbeitrag von Frederik Fahning, Mitgründer und Managing Director von Zenjob) – Von AirBnB über Lieferando bis hin zu Uber: So gut wie jeder nutzt mittlerweile ihre Dienste und immer mehr Menschen verdienen auch ihr Geld hier – die Rede ist von der Plattformökonomie.

Frederik Fahning, Mitgründer und Managing Director von Zenjob. Bild: Zenjob

Während im klassischen Szenario Arbeitgeber*innen auf Arbeitnehmer*innen treffen und Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen am Markt anbieten, sind die Anbieter*innen der Plattformen nur Intermediäre. Sie (er)stellen das Produkt oder die Dienstleistung – etwa die Taxis, Wohnungen oder das Essen – nicht, sondern vermitteln und organisieren die zwischen den Ökosystem-Teilnehmer*innen stattfindenden Transaktionen über eine internetbasierte Infrastruktur. Allein in der EU haben sich die digitalen Arbeitsplattformen, gemessen an den Einnahmen, von drei Milliarden Euro 2016 auf 14 Milliarden Euro 2020 fast verfünffacht und die Anzahl der Plattformen betrug Anfang 2021 über 500.

Die Plattformökonomie deutet die Neuordnung der Arbeitswelt an – doch welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Arbeitenden? Wo liegen die Chancen, wo die Herausforderungen? Und: Wie kann die Plattformökonomie zum Nutzen aller gestaltet werden?

„Start with why“: Chancen und Vorteile der Plattformökonomie

Die Plattformökonomie bietet für Arbeitende einen leichten und oft ortsunabhängigen Zugang zu einem schnellen Zusatzeinkommen. Das zeigt auch die 2019 veröffentlichte Studie „Arbeitsmärkte in der Plattformökonomie – Zur Funktionsweise und den Herausforderungen von Crowdwork und Gigwork“ der Bertelsmann Stiftung. Hauptmotivatoren für die Plattformarbeit sind „ein netter Nebenerwerb“ und „zeitliche Flexibilität“ – Geldnot spielt eine eher geringere Rolle, dieser Aspekt befindet sich auf dem letzten Platz. Weitere Motivatoren sind „Unabhängigkeit“, „eine schnelle Bezahlung“ und „Entscheidungsfreiheit“. Der Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und Flexibilität ist gefragter denn je. Vor allem bei den jüngeren Generationen – allen voran die Gen Z, wie eine von Zenjob veröffentlichte Studie zeigt – gibt es einen starken Anstieg beim Wunsch nach mehr Flexibilität, neben dem Verlangen nach mehr Individualisierung. Die klassischen Arbeitsverhältnisse ändern sich – es gibt nicht mehr nur den einen Job, der ein Leben lang verrichtet wird. Vielmehr sind es nun temporäre Phasen: zum einen in der Festanstellung, zum andern in der Selbstständigkeit oder anders ausgestalteten Formen eines Arbeitsverhältnisses.

Auch wirtschaftlich ergeben sich Vorteile durch die Plattformökonomie: Der für Unternehmen flexible Zugriff auf Arbeitende gleicht beispielsweise saisonale Schwankungen aus und bringt somit Kostenvorteile mit sich. Bei ortsunabhängigen Angeboten kann auf einen internationalen Talentpool zurückgegriffen werden. Zudem: Für Aufgaben, bei denen es nicht zwangsläufig einer Festanstellung bedarf, kann über die Plattformen die Nachfrage nach temporären Arbeitskräften gedeckt werden.

Die Kehrseite der Medaille: Derzeitige Herausforderungen

So flexibel sich die Arbeit mit der Plattformökonomie auch gestalten mag – es ergeben sich dadurch auch einige Herausforderungen, die Grenze zwischen dem Status als Arbeitnehmer*in und Selbstständige*r löst sich auf. Vermitteln die Plattformen wirklich nur eine Geschäftsbeziehung zwischen Arbeitenden und Firmen – oder agieren sie als Arbeitgeber*innen, die die angefragten Produkte oder Dienstleistungen der Unternehmen in Auftrag geben? Im ersten Fall fehlen die soziale Absicherung und Mitsprache- oder Beschwerdemöglichkeiten. In der genannten Bertelsmannstudie wird die fehlende soziale Absicherung als größter Nachteil genannt, gefolgt von ähnlich relevanten Aspekten wie zusätzlichem (häufig nicht bezahltem) Arbeitsaufwand, Konkurrenzkampf, unklaren Regelungen bei Auseinandersetzungen mit den Auftraggeber*innen, wenig Schutz gegen unfaire Bedingungen sowie die Entgrenzung der Arbeit durch eine ständige Verfügbarkeit.

Schöne neue Welt? Ansätze zur fairen, transparenten und nutzbringenden Gestaltung der Plattformökonomie

Die meisten Plattformanbieter*innen weisen darauf hin, dass durch die Nutzung der Plattform und die Interaktion mit den Auftraggebern kein Arbeitsverhältnis für die Arbeitenden entsteht, sie also selbstständig sind. Entscheidend für die Auslegung sind weitere Bedingungen der Plattform – dadurch können sich die Plattformanbieter*innen in einer Grauzone zwischen Vermittler*innen und Arbeitgeber*innen befinden. Im Falle des Falles obliegt die Auslegung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit. Doch soweit darf es gar nicht erst kommen: Als Anbieter*in einer Plattform sollte man sich der Verantwortung nicht entziehen, sondern sich bewusst als Mitgestalter*in einer fairen, neuen Arbeitswelt positionieren. Aus diesem Grund wurden von der in Oxford angesiedelten Fairwork Foundation fünf Prinzipien für faire Arbeit über Plattformen ausgearbeitet: faire Bezahlung, faire Bedingungen, faire Verträge, faires Management und faire Vertretung. Plattformen können sich an diesen Prinzipien orientieren und auf deren Grundlage auch objektiv bewertet werden. Von Mindestlöhnen über das Arbeitszeitschutzgesetz bis hin zu Möglichkeiten, um Feedback zu geben, gibt es viele Ansatzpunkte, die Plattformanbieter*innen – im Austausch mit Verbänden, Aufsichtsratsbehörden und Regierungen – aktiv mitgestalten können. Zudem arbeitet die Europäische Kommission an einer Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeiter*innen.

Auch auf nationaler Ebene finden diesbezüglich Anhörungen statt. Hierzu gibt es jedoch noch einiges an Diskussionsbedarf, was die Ausgestaltung anbelangt. Es ist wichtig, eine klare rechtliche Grundlage zu schaffen und eine Flexibilisierung der Anstellungsverhältnisse und des Arbeitszeitgesetzes zu ermöglichen, um wirklich auf die Ansprüche und die veränderten Situationen der Arbeitnehmer*innen der der moderne Arbeitswelt eingehen zu können. Die Bemühungen zur Verbesserung der Bedingungen in der Plattformökonomie mittels der Richtlinie sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dadurch – und mit unternehmerischer Eigeninitiative – können wir nun die Weichen stellen, um das Potenzial der Plattformökonomie auszuschöpfen und den Weg in die Zukunft der Arbeit best- und vor allem so flexibel und sicher wie möglich zu gestalten.

 

 


Über den Autor: Frederik Fahning ist Mitgründer und Managing Director von Zenjob – digitaler Marktplatz für Personalvermittlung, der Arbeitnehmer*innen mit temporären Nebenjobs zusammenbringt. Seit der Gründung 2015 vermittelt Zenjob mittlerweile monatlich mehr als 40.000 Arbeitskräfte in Branchen wie Logistik, Events, Einzelhandel oder Gastronomie in über 36 deutschen Städten und den Niederlanden. Frederik Fahning spricht mit Leidenschaft darüber, wie er mit Zenjob die starren Strukturen des Arbeitsmarktes aufbrechen und ein neues Arbeitsmodell anbieten möchte, das mehr Flexibilität für alle bietet. Er kennt durch sein Studium der Rechtswissenschaften zudem die rechtlichen Grundlagen, mit der die Arbeitswelt besser an die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden angepasst werden kann und beschäftigt sich zudem mit den Fragen sozialverträglicher Arbeit und Plattformökonomie.

Über Zenjob: Zenjob ist der fairste digitale Marktplatz für Personalvermittlung in Deutschland. Die Plattform bringt Arbeitnehmer mit Nebenjobs zusammen. Mit der Zenjob-App finden und buchen Talente Jobs auf Stundenbasis und können flexibel entscheiden, wann, wo und für wen sie arbeiten. Jeden Monat werden mehr als 40.000 Arbeitskräfte in Branchen wie Logistik, E-Commerce, Einzelhandel und Dienstleistung eingestellt. Zenjob wurde 2015 von Fritz Trott, Cihan Aksakal und Frederik Fahning in Berlin gegründet und beschäftigt derzeit über 400 Mitarbeiter.

 

 

 

Pressekontakt
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Jens Breimeier
Jens Breimeier
Jens Breimaier kümmerte sich im Business.today Network um Redaktion und Business Development. Er hat über 20 Jahre Erfahrung im Publishing- und Mediabusiness, u.a. Burda, Verlagsgruppe Milchstraße und Vibrant Media: "Ich arbeite mit Brands, Agenturen, Startups und Publishern im Online-Business und unterstütze sie beim Wachstum ihres Geschäfts sowie beim Aufbau von Know-How und Netzwerken. Meine Erfahrung als Business Developer und im Publishing, sowie bei der Umsetzung von komplexen Aufgabenstellungen geben mir eine fachliche Basis und Kompetenz, die ich weiter geben möchte."
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