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Interview: „Das Management in vielen Unternehmen ist noch immer viel zu starr und linear!“

Berlin (Gastbeitrag von Christian Lorenz, Leiter des Hauptstadt-Büros der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V., DGFP) Ein Gespräch mit Hannes Horn über den Unterschied zwischen Transformation und Change und die Rolle von HR.

Hannes Horn
Hannes Horn

Hannes Horn ist Berater, der Unternehmen in Übergangsprozessen begleitet. Für ihn hat der Begriff der Transformation den Change-Begriff in den letzten Jahren zwar sukzessive abgelöst, die Uridee des Change-Managements aber ist geblieben, wenn nicht sogar wieder neu aufgeladen worden.

Von der Lösung ihrer Probleme, Geschäftsmodelle und Arbeitsorganisationen anzupassen, aber sind viele Unternehmen noch weit entfernt. Das Management ist noch immer viel zu starr und linear in seinen Denk- und Handlungsmustern, ist Horn überzeugt. Die Lösung von oben, erdacht im kleinen Kreis wird nicht funktionieren.

Und dennoch sieht er Unternehmen wandlungs- oder besser transformationsfähig, solange die Verantwortung dafür nicht in einzelnen Bereichen allein liegt. Horn sieht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verantwortung. Und genau hier muss HR ansetzen. Ob man Change oder Transformationen lernen kann, hängt davon ab, ob die Verantwortlichen bereit sind alte Gewohnheiten wieder zu verlernen. Wie hoch die Bereitschaft in den Unternehmen genau dafür ist, ist Horn sich nicht sicher. Über das Ausprobieren von Handlungsempfehlungen und Methoden kann man erfahren, wie sich diese neuen Arbeitsweisen anfühlen.

Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Begriff Change von dem Begriff der Transformation abgelöst wurde. Täuscht der Eindruck?

Horn: Betrachtet man die Uridee des Change-Managements und das, was daraus in den letzten 25 Jahren gemacht wurde, kann man sagen, dass der Change-Begriff tatsächlich durch den Transformations-Begriff abgelöst wurde. Wenn man sich aber anschaut, was Transformation heute methodisch bedeutet, dann kann man sagen, dass man wieder bei den Grundprinzipien von E. Demming oder K. Lewin von Change ist. Back to the roots sozusagen, aber mit neuen Anforderungen und unter neuen Rahmenbedingungen.

Was sind die Grundprinzipien, von denen Du sprichst?

Horn: Edward Demming hat mit seiner pdca-Methode (plan–do–check–act) ein Modell entwickelt, das im Change- bzw. Transformationsprozess Orientierung bietet. Das Modell besagt, dass mit geplanten, kurzen Handlungen ein System verändert werden kann. Dann soll beobachtet werden, was diese Veränderungen auslösen, und die dienlichen Veränderungen bzw. Handlungen werden adaptiert. Startups folgen gemäß dem „Lean Startup“ Ansatz genau diesem Prinzip bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Das Problem ist, dass die Gewohnheiten und Denkmuster des Managements in vielen Unternehmen noch immer viel zu starr und linear sind. Man muss sich das so vorstellen, dass es ein Problem gibt und dann Leute in einem ausgewählten Kreis an einer starren und konzeptionellen Lösung arbeiten…

… Ist das per se schlecht oder falsch?

Horn: Wenn die Lösung vorher schon woanders erprobt wurde – beispielsweise in anderen Niederlassungen – dann kann das funktionieren. Weil das Konzept von echten Menschen getestet wurde und auch von echten Menschen auf andere Bereiche adaptiert werden kann. Wenn man aber nur die konzeptionelle Vorstellung von etwas im Kopf hat und die Lösung nicht zum Problem passt, dann gibt es da einen Denkfehler. Das kann so nicht zum Erfolg führen.

Was mich zu einer ganz generellen Frage führt: Kann Change oder Transformation eigentlich erfolgreich sein? Kann man eine tradierte Organisation wirklich in ein neues Zeitalter führen?

Horn: Das Spannende ist, dass die Worte alt und neu als Wertung verwendet werden. Wir benutzen aber nicht die Worte richtig und falsch. Im Change Prozess betrachten wir die Wertschöpfung eines Unternehmens und analysieren, wo Innovationsbedarf besteht, um mit den neuen Anforderungen des Marktes mithalten zu können. Das bedeutet, dass wir an der Innovationsfähigkeit des Unternehmens arbeiten – also neue Ideen einbringen. Aber gleichzeitig muss das Unternehmen dabei in alten bzw. bewährten Strukturen effizient sein. Unternehmen müssen sich also ausprobieren, manchmal (evtl. sogar immer häufiger) auch auf Kosten der aktuellen Effizienz.

Mit Blick auf mein Smartphone: Die meisten Apps sind von Unternehmen, die in den letzten zehn Jahren das Licht der Welt erblickt haben. Haben „Alte“ überhaupt eine Chance sich zu transformieren?

Horn: Ja. Wir sind jetzt in der Zeit, in der Unternehmen sich den Fragen der Innovationsfähigkeit und Zukunftsperspektiven widmen müssen. Ob die Fragen erfolgreich beantwortet werden können, wird man sehen. Aber feststeht, dass Unternehmen, die sich diesen Fragen nicht stellen, sterben werden.

Wann gelingt Transformation? Kann man das definieren?

Horn: Wenn ein Unternehmen sich bewusst ist, dass das Arbeiten in starren Hierarchien und von oben nach unten nicht mehr funktioniert. Die Softskills von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden immer wichtiger, damit die Menschen die transformative Kraft haben, Methoden zu hinterfragen und nach innovativen Lösungen für alte Probleme zu suchen.

Personaler sind geneigt zu sagen: „Auf HR kommt es an.“ Stimmt das?

Horn: Transformation machen Menschen. Das ist richtig. Aber wenn Transformation einem speziellen Geschäftsbereich zugeordnet wird, wird die Verantwortung allein in diesen Bereich gegeben. Die Verantwortung der Transformation muss aber bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liegen. HR kann bzw. muss aber als Moderator agieren, die funktionale Denkweise aufbröseln und Menschen in den Austausch bringen. Personaler müssen ein Gespür dafür entwickeln, Probleme und Talente zusammenzuführen.

Was kann HR tun, um Ausgangsposition zu verbessern?

Horn: HRler sind teilweise an sehr lineare Handlungen wie beispielsweise jährliche Mitarbeitergespräche gebunden. HR muss ein Bewusstsein dafür schaffen, an welchen Stellen statische Tools eine Dynamik behindert und wie man agiler werden kann.

Also kann man Change lernen?

Horn: Ich brauche natürlich ein Talent und ein Gespür für diese Themen. Man kann aber Handlungsempfehlungen und Methoden ausprobieren und dabei erfahren, wie sich diese neuen Arbeitsweisen anfühlen. Probleme mit neuen Methoden in einem geschützten Raum zu lösen, fördert das Innovationspotenzial und den Willen, neue Dinge zu lernen! Und mit dieser Motivation kann man auch Change lernen.

Das Gespräch führte Christian Lorenz, Leiter des Hauptstadt-Büros der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP). Das Interview erschien zuerst auf der Webseite der DGFP.

Jens Breimeier
Jens Breimeier
Jens Breimaier kümmerte sich im Business.today Network um Redaktion und Business Development. Er hat über 20 Jahre Erfahrung im Publishing- und Mediabusiness, u.a. Burda, Verlagsgruppe Milchstraße und Vibrant Media: "Ich arbeite mit Brands, Agenturen, Startups und Publishern im Online-Business und unterstütze sie beim Wachstum ihres Geschäfts sowie beim Aufbau von Know-How und Netzwerken. Meine Erfahrung als Business Developer und im Publishing, sowie bei der Umsetzung von komplexen Aufgabenstellungen geben mir eine fachliche Basis und Kompetenz, die ich weiter geben möchte."
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