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Coronavirus in Deutschland – Was bedeutet das für mich als Arbeitnehmer?

Hamburg (btn/Gastbeitrag von Markus Mingers, Rechtsanwalt im Bereich Verbraucherrecht und Inhaber der Kanzlei Mingers) – Ausverkaufte Supermärkte, Mundschutz- und Desinfektionsmittelknappheit – Die Berichterstattung über das Coronavirus sorgt im Moment für viel Unsicherheit im Alltag. Ist es in Zeiten der Verbreitung des Virus noch vertretbar, zur Arbeit zu gehen oder bleibe ich nun lieber zu Hause? Welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer und wozu ist mein Arbeitgeber verpflichtet?

Markus Mingers, Rechtsanwalt
Markus Mingers, Rechtsanwalt im Bereich Verbraucherrecht sowie Arbeitsrecht und Inhaber der Kanzlei Mingers. (Bild: Petra Vallentin)

Darf ich zur Vermeidung des Ansteckungsrisikos einfach zu Hause bleiben?

Trotz der Sorge, sich mit dem Virus zu infizieren, ist es dem Arbeitnehmer nicht gleich gestattet, dem Arbeitsplatz fern zu bleiben. Nur in bestimmten Fällen – zum Beispiel, wenn das Recht auf Homeoffice ohnehin bereits im Arbeitsvertrag verankert ist und dafür technische sowie datenschutzrechtliche Voraussetzungen geklärt sind – darf der Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten. Dieses Recht gilt aber nicht prinzipiell und erfordert in jedem Fall eine Absprache mit dem Arbeitgeber.

Auch der Arbeitgeber selbst darf Homeoffice nur anordnen, wenn diese Option im Arbeitsvertrag festgelegt ist. In diesem Fall müssen ebenfalls alle dafür notwendigen Voraussetzungen vorhanden sein. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer anderenfalls nur im konkreten Krankheitsfall zur Krankschreibung beim Arzt dem Arbeitsplatz verweisen. Ist dies der Fall, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Betroffen durch den Virus: Wann wird der Arbeitnehmer weiterhin bezahlt – wann nicht?

Wird dem Arbeitnehmer Quarantäne angeordnet, erfolgt innerhalb der ersten sechs Wochen der Krankschreibung eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in voller Höhe des regulären Gehalts. Der Arbeitgeber hat dabei das Recht, sich dieses Geld im Nachhinein durch das zuständige Gesundheitsamt erstatten zu lassen. Dauert die Quarantäne länger als sechs Wochen an, zahlt anschließend das Gesundheitsamt Krankengeld an den Arbeitnehmer in Höhe von 70 Prozent des regulären Gehalts – dieser Betrag ist allerdings gedeckelt auf höchstens 109,38 Euro pro Tag.
Ordnet das zuständige Gesundheitsamt an, den Betrieb zu schließen, haben die Mitarbeiter ebenfalls Recht auf Lohnfortzahlung. Auch in diesem Fall können Arbeitgeber das Geld erstattet bekommen.

Was passiert, wenn Kitas und Schulen schließen?

Schwieriger wird es, wenn es zu Betreuungsproblemen der eigenen Kinder kommt, da zum Beispiel Schule oder Kindergarten aufgrund des Virus schließen. Ob Eltern, die in diesem Fall zu Betreuungszwecken zu Hause bleiben müssen, weiterhin Gehalt bekommen, ist abhängig von ihrem Arbeitsvertrag. Ist im Arbeitsvertrag keine Lohnfortzahlung in einem solchen Fall festgelegt, gilt es, sich außervertraglich zu einigen. Einvernehmliche Lösungen zwischen Arbeitgeber und -nehmer könnten gegebenenfalls sein, dass der Arbeitnehmer im Homeoffice weiterarbeitet oder (unbezahlten) Urlaub nimmt.

Was bedeutet Quarantäne und wer kann sie anordnen?

Liegt ein konkreter, schwerwiegender Verdacht der Erkrankung am Coronavirus und damit das Risiko auf Ansteckung der Kollegen vor, kann das Gesundheitsamt ein berufliches Tätigkeitsverbot aussprechen. Dies ist in §§ 30, 31 Infektionsschutzgesetz (IFSG) festgelegt. Die Quarantäne darf jedoch nur das Gesundheitsamt verordnen, der Arbeitgeber darf – auch im Verdachtsfall – seine Mitarbeiter nicht des Arbeitsplatzes verweisen. Er darf jedoch eine Empfehlung gegenüber dem Arbeitnehmer aussprechen, sich beim Arzt krankschreiben zu lassen.

Besteht eine Meldepflicht, wenn der Arbeitnehmer am Virus erkrankt?

Ist der Arbeitnehmer am Coronavirus erkrankt und dies medizinisch bestätigt, liegt im Sinne des Infektionsschutzgesetzes eine Meldepflicht vor. Diese gilt allerdings nur für den Arzt, der die Erkrankung feststellt. Er muss im Anschluss das zuständige Gesundheitsamt informieren. Dem Arbeitgeber gegenüber gilt keine Meldepflicht. Der Arbeitnehmer entscheidet selbstständig, ob er die Erkrankung am Coronavirus seinem Arbeitgeber meldet, oder nicht.

Der Arbeitnehmer sollte dabei aber bedenken, dass er der Treuepflicht seinem Unternehmen gegenüber untersteht. Liegt also der Verdacht oder sogar die medizinische Bestätigung vor, das Virus in sich zu tragen, ist der Arbeitnehmer nach eigenem Ermessen verpflichtet, einer Ansteckungsgefahr den Kollegen gegenüber vorzubeugen.
Die Fürsorgepflicht gemäß §§242 Abs. 2, 618 BGB verpflichtet auf der anderen Seite den Arbeitgeber, Schäden für Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers zu vermeiden und somit für ein sicheres Arbeitsumfeld zu sorgen. Diese Sicherheit kann zum Beispiel präventiv durch eine Aufklärung der Arbeitnehmer über Infektionsgefahr und Hygienevorschriften gewährleistet werden. In konkreten Risikofällen sollten Vorgaben des zuständigen Gesundheitsamtes befolgt werden.


Über den Autor: Markus Mingers ist Rechtsanwalt im Bereich Verbraucherrecht sowie Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht. Seit mehr als 13 Jahren ist er sowohl als Anwalt tätig, als auch Inhaber der Kanzlei Mingers. Er ist Experte unter anderem im Bereich Rückabwicklung Lebensversicherung, Abgasskandal und Widerruf Autokredit. Von seinen Kanzleistandorten in Köln, Düsseldorf und Jülich aus erstreitet er mit seinem Team Gelder für den Verbraucher. Bekannt ist Markus Mingers vor allem durch seine Auftritte bei n-tv und RTL sowie als Experte von FOCUS Online, wo sein Rat überwiegend im Verbraucherrecht zu aktuellen Themen gefragt ist.

 

Jens Breimeier
Jens Breimeier
Jens Breimaier kümmerte sich im Business.today Network um Redaktion und Business Development. Er hat über 20 Jahre Erfahrung im Publishing- und Mediabusiness, u.a. Burda, Verlagsgruppe Milchstraße und Vibrant Media: "Ich arbeite mit Brands, Agenturen, Startups und Publishern im Online-Business und unterstütze sie beim Wachstum ihres Geschäfts sowie beim Aufbau von Know-How und Netzwerken. Meine Erfahrung als Business Developer und im Publishing, sowie bei der Umsetzung von komplexen Aufgabenstellungen geben mir eine fachliche Basis und Kompetenz, die ich weiter geben möchte."
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