Sinzheim (btn/Gastbeitrag von Jennifer Welsch, Jennifer Welsch Beratung & Coaching und Lutz Thielmann geschäftsführender Gesellschafter, holisticminds) – Exit-Interviews als Teil des Offboarding einzusetzen, birgt viele Vorteile für Unternehmen. Anstatt den Wert eines ausscheidenden Mitarbeiters zu verkennen, gilt es, die Gründe des Austritts zur internen Organisationsentwicklung zu nutzen. Auch wenn Unternehmen nicht immer verhindern können, dass Mitarbeiter gehen, können sie zumindest den Prozess des Ausscheidens aktiv steuern. Und damit beeinflussen, wie ehemalige Mitarbeiter über das Unternehmen sprechen.
88% der Deutschen informieren sich über den Ruf eines potentiellen Arbeitgebers – 46% der Generation Z beziehen ihre Meinung von Familie und Freuden (Vgl. Randstad employer brand research 2019). Nicht nur aus diesem Grund sollten Unternehmen den Prozess des Offboarding wertschätzend, transparent und authentisch führen und nacharbeiten. Eingebettet in die Unternehmenskultur, Personalentwicklung und das Personalmarketing sind bei Austrittsgesprächen einige grundlegende Punkte zu beachten. Diese werden im Folgenden kurz betrachtet:
Vorbereitung des Austrittsgesprächs
- Idealerweise ist das Instrument des Exit-Interviews im Unternehmen durch HR kommuniziert und gut bekannt.
- Ein Austrittsgespräch sollte beim Mitarbeiter mit einem angemessenen Vorlauf und mit dessen Zielsetzung angekündigt werden. Konkret sollte der ausscheidende Mitarbeiter bei seiner persönlichen Einladung vermittelt bekommen, dass das Verbesserungspotenzial des Unternehmens und die Kündigungsgründe im Vordergrund des Gespräches stehen.
Durchführung des Austrittsgesprächs
- Es sollte ein dem Mitarbeiter zugewandtes Gespräch stattfinden, in dem vor allem der Befragte zu Wort kommt (erhöhter Redeanteil).
- Der Mitarbeiter sollte erfahren, was mit den Ergebnissen aus dem Gespräch geschieht. Idealerweise wurde das Zeugnis bereits erstellt, somit kann der Mitarbeiter ganz offen sprechen.
- Die Ergebnisse werden zwar dokumentiert, jedoch handelt es sich um ein vertrauliches Gespräch. Die Weitergabe besonders sensibler Aussagen (Kritik an Personen) sollte mit dem Mitarbeiter besprochen werden.
- Die Kernaussagen des Mitarbeiters sollten weitestgehend im Wortlaut notiert werden, um Verzerrungen bei der Auswertung und Weitergabe der Ergebnisse zu vermeiden.
- Wenn dem Mitarbeiter unternehmensseitig gekündigt wurde, wird bestenfalls sichergestellt, dass der Mitarbeiter die Kündigungsgründe kennt und verstanden hat. So können rechtliche Streitigkeiten aufgrund von Missverständnissen vermindert oder sogar vermieden werden.
Verantwortliche & Ort des Austrittsgesprächs
- Ein vertrauensvoller Ansprechpartner aus der HR-Abteilung führt das Gespräch. Eine unbeteiligte Instanz wie HR, bietet mehr Neutralität und fördert die Offenheit des Mitarbeiters. Denn Konflikte mit dem Vorgesetzten führen nicht selten dazu, dass Mitarbeiter gehen.
- Der Termin sollte an einem ungestörten Ort stattfinden (ruhiger Raum, keine Unterbrechungen) und ausreichend Zeit zur Verfügung stehen (ca. 1 Stunde mit Puffer).
Nachbereitung des Austrittsgesprächs
- Das Gespräch sollte dokumentiert und die Ergebnisse klar und strukturiert der verantwortlichen Leitungsebene im HR oder der Geschäftsführung zur Verfügung gestellt werden. Je nach Ausprägung der Fluktuation, lassen diese Rückschlüsse pro Bereich, Team oder Standort erkennen.
Zusammenfassung
Nach unserer Einschätzung sollte kein Unternehmen auf dieses sowohl wertschätzende als auch nutzenstiftende Instrument des Austrittsgesprächs verzichten. Eine transparente Kommunikation im Vorfeld und eine interessierte, aufrichtige und nicht urteilende Haltung des Interviewers ist unabdingbar, um einen echten Gewinn für den ausscheidenden Mitarbeiter und das Unternehmen mitzunehmen. Nach Vorlage der Ergebnisse lassen sich in einem offenen Dialog mit den betreffenden Führungskräften oftmals negative Entwicklungen identifizieren, abfangen und proaktiv steuern. Somit kann der Erkenntnisgewinn aus Exit-Interviews bewusst als Instrument zur Organisationsentwicklung eingesetzt werden. Und leistet damit einen wertvollen Beitrag für eine zukunftsfähige Unternehmenskultur.
Dieser Gastbeitrag erschien zuerst im Blog von holisticminds.
Zur Autorin: Jennifer Welsch, Jahrgang 1984, ist Dipl. Wirtschaftspsychologin, Coach und systemische Beraterin für Unternehmen und Privatpersonen. Durch ihre langjährige Expertise als Personalentwicklerin, Recruiterin und interner Coach in Unternehmen kennt und durchdringt sie unterschiedliche Perspektiven und lässt diese Klarheit in ihren Artikeln einfließen. Ihr besonderes Interesse gilt wirkungsvollen, umsetzbaren Lösungen zu den HR-Themen „Mitarbeiter finden, binden und entwickeln“. Klienten unterstützt sie darin, eigene Ressourcen und Möglichkeiten zu erleben und wieder selbstwirksam ihre Lebensthemen zu gestalten. Die Werte Sinnhaftigkeit, Echt- Sein, Wertfreiheit und Nachhaltigkeit treiben sie an.
Über holisticminds GmbH: holisticminds betreut und unterstützt Unternehmen sowie qualifizierter Fach- und Führungskräfte (m/w/d) in verschiedensten Wirtschaftsbereichen und Branchen. Dank einschlägiger Erfahrung, eines hohen Qualitätsanspruchs und einer Firmenphilosophie, welche auf einer ganzheitlichen und wertschätzenden Vorgehensweise beruht, erfreut sich holisticminds einer sehr guten Reputation sowohl seitens der Kunden als auch äußerst positiver Resonanz durch die betreuten Fach- und Führungskräfte. Dabei beschränkt sich holisticminds nicht nur auf die Rekrutierung passender Kandidatinnen und Kandidaten, sondern steht ihren Kunden auch immer als Dialogpartner zur Verfügung. Neben der eigenen Expertise unterstützt sie ein umfangreiches Netzwerk von erfahrenen Beratern, Multiplikatoren und Partnern. Sitz und geografischer Fokus ist die Technologieregion Karlsruhe.