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Der Chatbot als Recruiter

Hamburg (btn/Gastbeitrag von Claudio Catrini) – Es ist der Traum beinahe jedes Unternehmens, als attraktiver Arbeitgeber für die besten Köpfe der Branche zu gelten und mit ihnen in fortwährendem Kontakt zu sein. Die große Krux dabei war bis dato, dass der Prozess der Mitarbeitersuche ein äußerst zeit- und ressourcenintensiver war.

Kommunikationsexperte und Unternehmer Claudio Catrini (Bild: Claudio Catrini)

Mit den Chatbots der neuesten Generation könnte sich dies ändern. Wo die Möglichkeiten und wo die Grenzen liegen, diskutiert der Kommunikationsexperte und Unternehmer Claudio Catrini in diesem Artikel.

Automatisierung birgt enorme Chancen

Die klassische Stellenausschreibung ist geprägt von Zeitverschwendung und dem Einsatz von enormen Ressourcen. Es werden nicht nur Zeit und damit Geld vernichtet, sondern der gesamte Prozess ist außerdem beeinflusst vom Zufall.

Die Frage ist nämlich: Sucht der “ideale” Mitarbeiter auch tatsächlich dann einen Job, wenn das Unternehmen nach ihm sucht? Findet der Mitarbeiter die suchende Firma genau in diesem winzigen Zeitfenster? Und hat das Unternehmen verstanden, was einen idealen Mitarbeiter zu einem idealen Mitarbeiter macht und wie es dies herausfinden kann?

Chatbots der neuesten Generation könnten zumindest einige dieser Fragen zufriedenstellend beantworten. Potenzielle Mitarbeiter können jederzeit, 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche Kontakt mit dem Unternehmen über den Chatbot aufnehmen. Dieser sorgt dafür, dass die wichtigsten Basisdaten abgefragt und gespeichert werden.

So baut sich nicht nur eine Beziehung zwischen Firma und Bewerber auf, sondern mit der Zeit wird das Reservoir an potenziellen und passenden Mitarbeitern immer größer, ohne dass es zum Einsatz einer menschlichen Arbeitskraft kam.

Hardfacts und “Social Skills”

Ressourcen von Unternehmens- und von Bewerberseite können dadurch optimal eingesetzt werden. Der Chatbot findet heraus, ob die Qualifikationen des Bewerbers reichen, um die erste Runde des Bewerbungsprozesses zu überstehen. Der Bewerber wiederum erkennt sehr schnell, wie interessant er für betreffendes Unternehmen ist und welche Qualifikationen ihm vielleicht noch fehlen, um zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

Theoretisch ist es also vorstellbar, dass der gesamte Bewerbungsprozess über einen Chatbot durchgeführt werden könnte. Was er jedoch noch nicht und auch nicht in absehbarer Zukunft kann, ist die soziale Kompetenz des Bewerbers einzuschätzen. Es ist etwas völlig anderes, die notwendigen Zertifikate oder Schulabschlüssen zu überprüfen als die kommunikative Kompetenz oder die Teamfähigkeit des Bewerbers korrekt einzuschätzen.

Daran scheitern schließlich zuweilen auch die Bewerter aus Fleisch und Blut. Ab einem gewissen Zeitpunkt muss es daher zu einem Gespräch mit Personalverantwortlichen kommen, um herauszufinden, wie der potenzielle Mitarbeiter und seine Glaubenssätze in die Philosophie des Unternehmens passt.

In Zukunft kann dies ganz anders aussehen

Vom technischen Aspekt und von der Überprüfbarkeit der angegebenen Daten kann bereits der gesamte Bewerbungsprozess automatisiert abgebildet werden. Wie bereits angedeutet, funktioniert die Einschätzung des Gegenübers im Bereich der sozialen Kompetenz von ausgebildeten Personen, wie Recruitern und HR-Mitarbeitern, auch noch lange nicht völlig ohne Fehleinschätzungen. Deshalb gibt es Interviews, Assessment-Center, etc. Von einer 100% Quote sind diese Verfahren jedoch noch sehr weit entfernt.

Oft spielt die Erfahrung oder das Fingerspitzengefühl des Personalverantwortlichen noch die entscheidende Rolle bei der richtigen Einschätzung einer Person. Das Problem dabei ist, dass es sich hier oftmals um eine unbewusste Kompetenz der Entscheider handelt und diese bis dato noch nicht einmal sprachlich, geschweige denn systematisch und strukturell erfasst wurde.

Die Forschung an Künstlicher Intelligenz könnte das Blatt jedoch entscheidend Richtung Automatisierung wenden. Ob alle damit verbundenen Implikationen dann auch so gewollt sind, bleibt abzuwarten.

Ethische und moralische Konsequenzen

Wie bereits aufgezeigt, gibt es positive Seiten dieser Entwicklung. Unternehmen könnten sich mehr und mehr Dingen widmen, die ihrer Produktivität zuträglich sind, weil sie nicht mehr Menschen abstellen müssten, um andere Menschen zu beurteilen. Über diesen Weg der zunehmenden Produktivität könnten wiederum mehr werthaltige Jobs geschaffen werden. Subjektive Elemente der Beurteilung werden Stück für Stück zurückgedrängt und der Zufall wird auf ein Minimum reduziert.

Die Bewerber bekommen ein sehr schnelles Feedback, ob sie interessant sind für Unternehmen, mit denen sie in Kontakt sind. Sie verschwenden keine Zeit mehr mit Bewerbungsgesprächen, die eigentlich überflüssig wären oder müssen dazu leere Kilometer zurücklegen.

Allerdings hätte die vollständige Automatisierung des Bewerbungsprozesses massive Auswirkungen auf das vorherrschende Menschenbild. Denn sind es nicht genau die subjektiven Elemente eines jeden Gespräches, die es erst wertvoll machen?

Fazit

Der Einsatz neuer Technologien fordern Unternehmen, die gerne kompetitiv bleiben möchten, dazu auf, so viele Prozesse wie möglich digital zu gestalten. Die dahinter liegende Möglichkeit der Einsparung, der Erhöhung der Trefferquote und die potenzielle Skalierung dieser Aspekte versprechen eine enorme Ressourceneinsparung auf Seiten der Unternehmen.

Auch auf Seiten der Bewerber ergeben sich eine Reihe von Vorteilen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Technologie sich weiterentwickelt und die menschliche Beurteilung im Bewerbungsprozess überflüssig macht.


Über den Autor: Als einer der führenden Verhandlungs- und Verkaufsexperten innerhalb der D-A-CH-Region ist Claudio Catrini seit über 20 Jahren in diesem Bereich tätig. Seine Ansätze als strategischer Berater bringen einen klaren Nutzen in Verbindung mit hohen ethischen und moralischen Werten.

Jens Breimeier
Jens Breimeier
Jens Breimaier kümmerte sich im Business.today Network um Redaktion und Business Development. Er hat über 20 Jahre Erfahrung im Publishing- und Mediabusiness, u.a. Burda, Verlagsgruppe Milchstraße und Vibrant Media: "Ich arbeite mit Brands, Agenturen, Startups und Publishern im Online-Business und unterstütze sie beim Wachstum ihres Geschäfts sowie beim Aufbau von Know-How und Netzwerken. Meine Erfahrung als Business Developer und im Publishing, sowie bei der Umsetzung von komplexen Aufgabenstellungen geben mir eine fachliche Basis und Kompetenz, die ich weiter geben möchte."
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