Düsseldorf (ots) – Personalabteilungen bei neuen Aufgaben unter enormem Handlungsdruck / 37 Prozent der Unternehmen fühlen sich schlecht auf die Zukunft vorbereitet / HR-Manager blicken oft zu optimistisch auf die Folgen des technologischen Wandels für die Mitarbeitenden.
Digitalisierung und Automatisierung verändern die Arbeitswelt grundlegend. Das Human Resource Management (HRM) hat die Aufgabe, Unternehmen bei dieser Entwicklung zu begleiten. Darauf sind viele Personalabteilungen aber noch nicht ausreichend vorbereitet. Dies ist eines der Kernergebnisse der Studie „People Management 2025“, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) gemeinsam mit dem Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen (Schweiz) durchgeführt hat. In Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) wurden für die Untersuchung knapp 130 HR-Führungskräfte aus überwiegend mittelständischen Unternehmen sowie 25 Experten und kreative Köpfe aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft zur Entwicklung des HRM bis 2025 befragt.
Zahlen belegen enormen Handlungsdruck
Im Personalmanagement werden der Studie zufolge bis zum Jahr 2025 andere HRM-Funktionen wichtiger sein als das klassische Personalmanagement. Dazu zählen insbesondere das Daten- und Technologiemanagement, das Talentmanagement, die Mitarbeiterqualifizierung sowie das Kompetenzmanagement. Aber: Nur 34 Prozent der befragten Unternehmen schätzen sich in puncto People Management als insgesamt gut vorbereitet auf künftige Herausforderungen ein. 37 Prozent sagen, dass sie schlecht aufgestellt sind. „Die Zahlen belegen den enormen Handlungsdruck für Unternehmen“, sagt Till R. Lohmann, Partner im Bereich People and Organisation bei PwC Deutschland, und ergänzt: „Es ist eine große Herausforderung, die teilweise eklatanten Lücken im Personalmanagement bis 2025 zu schließen und zentrale Funktionen zu erfüllen.“ Kai Helfritz von der DGFP begrüßt sehr, „dass durch die Studie die Diskussion zur zukünftigen Rolle des HR Managements wieder an Fahrt gewinnt. Die Erkenntnisse aus der Befragung werden helfen, die richtige Schlussfolgerungen zu tätigen.“
Bei den wachsenden Anforderungen des Transformations- und Changemanagements zum Beispiel fühlt sich lediglich knapp ein Viertel (24 Prozent) der Unternehmen gut oder sehr gut vorbereitet. 42 Prozent hingegen schätzen ihre Vorbereitung in diesem Punkt als (sehr) schlecht ein. „Wir stehen vor einer Weichenstellung“, sagt Heike Bruch, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Leadership am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen. „Die Arbeitswelt 2025 wird entweder wunderbar und die Menschen arbeiten motivierter, freier und viel besser zusammen. Oder viele Menschen sind überfordert, agieren als Einzelkämpfer und sehen ihre Jobs bedroht.“
People Management als digitale Vorreiter, Top-Management in der Pflicht
Außerdem ergab die Studie, dass sich die Rolle des Personalmanagements selbst stark wandeln wird: Während heute Empathie, diplomatisches Geschick und Networking die Liste der als zentral erachteten Kompetenzen anführen, werden bis zum Jahr 2025 andere Fähigkeiten massiv an Bedeutung gewinnen: Die Befragten Personalmanagement-Verantwortlichen nannten hierbei mit Zuwächsen um jeweils mehr als 20 Prozentpunkte am häufigsten Kompetenzen in Big Data und People Analytics (Bedeutungszuwachs um 23 Prozentpunkte) sowie Experimentierfreudigkeit (+21 Prozentpunkte). Auch „digitales Wissen“ zählt mit einem Zuwachs von 18 Prozentpunkten bis 2025 zu den häufigen Antworten. Zentral werden nach Ansicht der Befragten vor allem Netzwerk-Fähigkeiten sein. „Die Studie zeigt sehr deutlich, dass sich das Selbstverständnis des People Managements ändert, weg vom unternehmensinternen Dienstleister hin zum Change-Manager mit Vorbildfunktion“, sagt Lohmann.
Nach Ansicht der befragten Personalverantwortlichen und Experten wird die Digitalisierung nur durch einen massiven Wandel der Unternehmenskultur gelingen. Das Personalmanagement sieht sich hierbei in einer Vorreiterrolle, nimmt aber auch das Top-Management in die Pflicht: Während heute erst 40 Prozent der Führungskräfte als Vorbilder für moderne Arbeitsformen wahrgenommen werden, sollen es bis 2025 62 Prozent sein. Dass in ihrem Unternehmen mit Vision und Inspiration geführt wird, bejahen heute nur 50 Prozent der Befragten. Für die Zukunft wird dies zu 70 Prozent erwartet. Dabei sollen auch agile Methoden wie Scrum und Design Thinking helfen. Diese sollen bis 2025 zu 68 Prozent genutzt werden (heute: 40 Prozent).
Moderne Arbeitskultur ist abhängig von Unternehmenserfolg und -größe
Dass eine moderne Organisationskultur wichtig ist, erkennen der Studie zufolge zwar auch die weniger erfolgreichen Unternehmen. Bei der Umsetzung hinken sie den Top-Performern aber deutlich hinterher. Diese nutzen ihre starke Unternehmenskultur als Basis für weitere Verbesserungen. Zentrale Zukunftsthemen sind für sie Selbstkompetenzen der Mitarbeiter in flexiblen Strukturen, die Nutzung agiler Methoden und das Vorbildverhalten des Top-Managements.
Wie weit die Unternehmen in puncto New Work bzw. New Culture sind, hängt auch von ihrer Größe ab. „Kleinere Unternehmen nutzen Technologien wie Big Data und People Analytics bereits häufiger für ihr People Management als die größeren“, sagt Heike Bruch von der Universität St. Gallen. Dies liege vor allem daran, dass kleine Organisationen in der Regel über keine (professionellen) HR-Abteilungen verfügen. „Zudem setzt ihr Geschäftsmodell meist auf digitalen Technologien auf. Die Digital Natives sind virtuelles Arbeiten zu flexiblen Zeiten in der Regel mehr gewöhnt und fordern dies auch ein“, ergänzt Heike Bruch. Allerdings setzten sich die größeren Unternehmen ambitionierter Ziele und erwarteten, sich bis 2025 von einer traditionell-klassischen hin zu einer innovativen Start-up-Kultur zu entwickeln.
Gefährlicher Optimismus
Die befragten Personalmanagement-Verantwortlichen blicken insgesamt positiv auf den massiven Wandel der Arbeitswelt, so die Studienautoren. Als zentrale Zukunftsaufgabe des Unternehmens sehen sie deutlich häufiger als heute Entwicklung und Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten. Dazu will das Personalmanagement selbstverantwortliches Handeln, netzwerkartige Zusammenarbeit und individuelle Arbeitsbedingungen fördern. Gleichzeitig rechnen die Personaler damit, dass ihr Unternehmen bis 2025 deutlich häufiger Roboter (2025: 57 Prozent gegenüber heute 33 Prozent) und Künstliche Intelligenz (64 Prozent gegenüber 37 Prozent) einsetzen wird. Aber: In den möglichen negativen Folgen des technologischen Wandels, darunter Einbußen bei Datenschutz und Vertraulichkeit sowie geringerer Bedarf an geringqualifizierten Arbeitskräften, sehen die Personalverantwortlichen kaum ein Problem. „Die Zuversicht der Personaler ist zwar grundsätzlich begrüßenswert. Einseitiger Optimismus kann für die Unternehmen aber gefährlich werden“, so Till Lohmann. „Dann nämlich, wenn das People Management Auswirkungen der Digitalisierung und Automatisierung unterschätzt und nicht rechtzeitig geeignete Konzepte entwickelt.“