Jeder erfahrene Führungspraktiker wird bestätigen, dass Personalführung heute weit schwieriger ist als noch vor einigen Jahrzehnten.
Früher konnten sich Vorgesetzte dank ihrer Machtposition sowie ihres Wissensvorsprungs auf das strikte Anordnen und genaue Kontrollieren von Arbeitsaufgaben beschränken. Verschiedene Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben aber dazu geführt, dass Führungskräfte heute vor weit höhere Anforderungen gestellt sind.
Veränderungen der Arbeitsprozesse
Die Arbeitsaufgaben sind heutzutage in nahezu allen Berufszweigen wesentlich vielfältiger und komplexer und einem schnelleren Wandel unterworfen.
Innerhalb kurzer Zeitspannen werden neue Technologien und Verfahren entwickelt, ändern sich ganze Berufsbilder und entstehen völlig neue. Fachwissen veraltet immer schneller
Fazit:
Führungskräfte können in der Regel selbst in ihrem eigenen Führungsbereich heute nicht mehr alle Details beherrschen, sondern sind verstärkt auf die Kenntnisse ihrer spezialisierten Mitarbeiter und das aktuellere Fachwissen frisch ausgebildeter Nachwuchskräfte angewiesen.
Geschichtlicher Wandel der Führungsbedingungen
Komplexere, sich schnell ändernde Arbeitsprozesse
Allgemeiner Wertewandel in der Gesellschaft
Geändertes Selbstverständnis der Mitarbeiter
Größere Führungsbereiche
Schwindendes Mitarbeitervertrauen
Reduzierte Machtmittel der Führungskräfte
Allgemeiner Wertewandel
Wie schon erläutert, hat im allgemeinen Wertegefüge unserer Gesellschaft der Stellenwert von Arbeit während der letzten Jahrzehnte kontinuierlich abgenommen. Demzufolge kann man heute nicht mehr davon ausgehen, dass die Mitarbeiter vorrangig auf ihre Arbeit fixiert sind. Sondern muss man als Führungskraft deren anderweitige Bedürfnisse in Rechnung stellen und ihnen darauf abzielende Motivationsanreize bieten.
Fazit: Führungskräfte müssen heutzutage wesentlich mitarbeiterorientierter und bedürfnisgerechter führen, als das in früheren Zeiten notwendig war.
Selbstverständnis der Mitarbeiter
Die Demokratisierung von Staat und Gesellschaft, persönlichkeitsfördernde Erziehungsmethoden, höhere Bildungsabschlüsse und eine verbesserte wirtschaftliche Situation haben ein geändertes Selbstverständnis der Mitarbeiter wachsen lassen. Sie sind entsprechend selbstbewusster und beanspruchen mehr persönliche Rechte
Fazit: Um nichtwirklichkeitsfremd zu führen, muss man die Selbstwertgefühle seiner Mitarbeiter wesentlich stärker beachten, als das in früheren Jahrzehnten erforderlich war.
Größere Führungsbereiche
Um ihre Kosten zu senken, haben die meisten Unternehmen im Zuge von Personaleinsparungen auch die Führungskräftezahlen reduziert.
Erschwerend kommt hinzu, dass neben dem Zeitthema für den einzelnen Mitarbeiter, meist auch die fachliche Vielfalt der Aufgaben gestiegen ist.
Fazit: Aufgrund ihres zunehmenden Zeitmangels bleibt den Führungskräften nichts anderes übrig, als ihren persönlichen Zeitaufwand für das Anweisen und Kontrollieren ihrer Mitarbeiter zu reduzieren. Sie müssen demzufolge die Selbstständigkeit und das nötige Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter fördern.
Gemindertes Mitarbeitervertrauen
Die Reduzierung der Mitarbeiterkontakte führt aber auch zu einer Anonymisierung der Führung – ein weiteres Führungshandicap, das die Entwicklung dauerhafter Vertrauensbeziehungen erschwert.
Hinzu kommen häufige strukturelle Veränderungen, die die Arbeitnehmer zunehmend verunsichern und ihr Vertrauen in die Unternehmen und deren Führung schwinden lassen:
In früheren Zeiten existierten die meisten Unternehmen über viele Jahrzehnte hinweg, und es war somit eine Normalität, wenn Menschen während ihres gesamten Berufslebens in ein und derselben Firma arbeiteten.
Das vermittelte ihnen ein starkes Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.
Bei den heutzutage häufigen Umorganisierungen, Fusionen und Insolvenzen von Unternehmen sowie dem damit meist einhergehenden Personalabbau geht dieses Vertrauen in die Zukunft vielfach verloren. Die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Firma nimmt ab.
Fazit: Dem zunehmenden Vertrauensschwund in die Unternehmensleistungen kann letztlich nur durch ein mitarbeiterorientiertes, vertrauensbildendes Führungsverhalten der unmittelbaren Vorgesetzten entgegengewirkt werden.
Reduzierte Machtmittel der Führungskräfte
In früheren Zeiten besaßen Führungskräfte ein umfangreiches Repertoire von zum Teil drastischen Disziplinierungsmöglichkeiten, mit denen sie ihre Anordnungen durchsetzen konnten.
Von Lohnkürzungen über Versetzungen bis hin zu gezielten Schikanen und fristlosen Entlassungen. (Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein gab es in manchen Berufsbereichen sogar noch die körperliche Züchtigung.)
Durch einen umfassenden Kündigungsschutz und andere arbeitsrechtliche Regelungen wurden die Machtmittel der Führungskräfte während der letzten Jahrzehnte jedoch erheblich reduziert – was man aus humanistischen Gründen auch begrüßen mag.
Fazit: Aufgrund ihrer begrenzten Machtmittel sind Führungskräfte heute in weit höherem Maß auf den persönlichen Leistungswillen und die Verantwortungs-bereitschaft ihrer Mitarbeiter angewiesen. Doch ist diese Arbeitshaltung alles andere als eine Selbstverständlichkeit, sondern muss durch ein kompetentes Führungsverhalten geweckt werden und erhalten werden.
Der allwissende, allgegenwärtige und allmächtige Vorgesetzte gehört der Vergangenheit an.
Die Lösung: verantwortungsbewusste Mitarbeiter
Um aus diesem Führungsdilemma herauszukommen, hilft einzig und alleine, den Mitarbeitern mehr Selbstständigkeit einzuräumen und sie zu einem unternehmerischen Denken hinzuführen.
Damit aber die Mitarbeiter das dazu erforderliche Verantwortungsbewusstsein entwickeln können, müssen die in der folgenden Abbildung dargestellten grundlegenden Voraussetzungen geschaffen werden.
Vorbildgebendes Führungsverhalten
Partnerschaftliche Mitarbeiterführung
Ermutigende Verantwortungsdelegation
Tragfähiges Vertrauensverhältnis
Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter
Vorbildgebendes Führungsverhalten
Die Mitarbeiter müssen erkennen können, dass die Führungskraft…….
bereit ist, erforderlichenfalls dieselben Belastungen auf sich zu nehmen, die sie den Mitarbeitern abverlangt, nicht vorrangig ihre eigenen Vorteile sucht und ihre persönlichen Belange nicht über die des Unternehmens stellt, sich ebenso aufrichtig, höflich und fair verhält, wie sie es von den Mitarbeitern erwartet.
Bei Misserfolgen nicht generell die Mitarbeiter verantwortlich macht, sondern sich ihrer Gesamtverantwortung stellt und gegebenenfalls auch eigene Fehler bekennt.
Um bei den Mitarbeitern echte Verantwortungs- und Leistungsbereitschaft wecken zu können, muss die Führungskraft selbst diese innere Haltung kundtun.
Voraussetzung eines echten partnerschaftlichen Führungsverhaltens ist, dass man als Führungskraft ein persönlichkeits-achtendes Mitarbeiterbild in sich trägt.
Man sollte sich stets dessen bewusst sein, dass nachgeordnete Mitarbeiter zwar andersartige Aufgaben zu erfüllen haben und in der Unternehmenshierarchie eine niedrigere Position innehaben, aber dennoch menschlich gleichwertige Persönlichkeiten sind.
Sollen Mitarbeiter selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten, müssen sie zunächst daran gewöhnt werden.
Sie müssen zunehmend befugt werden, im Rahmen ihres Arbeitsbereichs auch eigene Ermessensentscheidungen zu treffen. Dazu sind ihnen nicht nur weisungsgebundene Tätigkeiten, sondern schrittweise auch verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen.
Verantwortungsdelegation setzt aber auch gegenseitiges Vertrauen voraus:
Die Führungskraft muss sich darauf verlassen können, dass die übertragenen Befugnisse von den Mitarbeitern nicht missbraucht werden.
Die Mitarbeiter wiederum müssen darauf vertrauen können, dass ihnen keine unzumutbaren Risiken aufgebürdet werden und sie bei Fehlern innerhalb einer gewissen Toleranzspanne keine folgenschweren Konsequenzen zu befürchten haben.
Ein gesundes Vertrauensverhältnis ist die wichtigste Voraussetzung für verantwortungsbereite Mitarbeiter
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