Mit Empathie werden aus Zufallskäufern begeisterte Stammkunden
Das Überangebot an Waren und Dienstleistungen macht es schwer, sich dauerhaft für einen Anbieter zu entscheiden. „Kunden gleiten wie beim Eistanz zwischen den Optionen hin und her“, sagt Verkaufstrainerin Betina Fischer. Menschen für eine einzige der vielen Möglichkeiten zu gewinnen, gelinge nur mit Empathie.
Wer ein Geschäft an einem festen Standort betreibt, ist darauf angewiesen, dass die Menschen dieses immer wieder betreten, sich dort wohlfühlen und auch kaufen. Er benötigt eine ausreichend große Stammkundschaft, damit Ausgaben für Strom, Miete, Versicherungen und Löhne nicht zur strangulierenden Kostenfalle werden. Aber auch Onlineanbieter und Unternehmen im B2B-Geschäft brauchen einen Grundstock an Kunden, die regelmäßig bei ihnen bestellen. Für Fischer ist deshalb eine Strategie für den Weg zur überlebenswichtigen Kundenbindung unabdingbar. Stattdessen immer wieder Kaltakquise zu betreiben, ist für die Expertin schon deshalb keine Lösung, weil dies sehr kostenintensiv sei.
Fischer empfiehlt, zunächst einmal das Wort „Kunde“ näher zu betrachten. Im 9. Jahrhundert bedeutete das altdeutsche „kundo“ Bekannter im Sinne von Einheimischer. Erst im 16. Jahrhundert meinte man damit „einen in einem Geschäft regelmäßig Einkaufenden“. Viele Unternehmen und Verkäufer seien sich der Herkunft des Begriffs nicht ausreichend bewusst, sagt Fischer. So werde häufig der schnelle Umsatz forciert, anstatt in eine wertschätzende Beziehung zu investieren. Immer wieder scheitere diese schon zu Beginn des ersten Gesprächs. „Da werden Dialoge geführt, die keine sind. Viel zu oft reden beide und keiner hört dem anderen zu.“ Fischer erlebt in ihren Verkaufstrainings und Beratungen regelmäßig, dass Verkäufer nicht aktiv, geschweige denn empathisch zuhören können – „eine enorme Schwachstelle im Verkaufsprozess“.
Von der Wertschätzung zum Vertrauen
Wertschätzendend miteinander zu reden,
heißt für die Verkaufsmentorin in allererster Linie, die Bedürfnisse der Kunden empathisch wahrzunehmen. Meint mein Kunde wirklich das, was er zu mir sagt? Um das herauszufinden, benötigen Verkäufer laut Fischer eine gewisse Neugier und die Kompetenz, sich in ihr Gegenüber wirklich einzufühlen. In herkömmlichen Berufsausbildungen werde diese Fähigkeit zumeist nicht vermittelt. Top-Verkäufer würden sie aufgrund ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur mitbringen oder im Laufe der Jahre lernen. „Menschen sind in der Regel empathiefähig“, weiß Fischer. Es liege also an jedem selbst – oder an den Unternehmen, die ihre Mitarbeiter beim empathischen Verkaufen unterstützen können.
Als Beispiel für die Bedeutung der Beziehungsebene nennt Fischer den „Lieblingsitaliener“. Zu dem geht man meist auch deshalb, weil es einen persönlichen Kontakt gibt. Der Restaurantbesitzer oder Kellner, also der „Verkäufer“, unterhält sich charmant mit den Gästen. Er hört genau zu, ihn interessiert, welches Bedürfnis der Gast hat, er liest ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Das ist für Fischer empathisches Verkaufen in „purezza“ (Reinkultur). Als Gast fühle man sich in solchen Lokalen als „Einheimischer“, der dazu gehört und fürsorglich behandelt wird. Fischer: „Vielleicht kann ich woanders noch besser essen. Wenn ich aber das Gefühl habe, dort nur Geld abliefern zu sollen, werde ich kein Stammgast.“ So sei „Beziehungskälte“ ein effektiver Umsatzverhinderer.
Menschen würden nun einmal am liebsten bei Menschen kaufen, denen sie vertrauen. „Dies wird in der zwischenmenschlichen Beziehung gefühlt oder eben gerade nicht gefühlt. Und es ist entscheidend dafür, ob Kunden zu Stammkunden werden.“ Und Stammkunden sind es nach Fischers Erfahrungen, die kostenlos weiterempfehlen. Sie sorgten damit dafür, dass kostspielige Marketingausgaben und die Kaltakquise deutlich reduziert werden können. Der Traum eines jeden Unternehmers! Aber wie wird er in der Praxis Wirklichkeit?
Mit Ruhe und Gelassenheit
Fischers Antwort: „Verkaufsbeziehungen benötigen Zeit, Ruhe und Gelassenheit. Wer sich dagegen mit einem ständigen Umsatzdruck im Nacken der Kundschaft ungeduldig nähert, strahlt das auch aus.“ Sie rät zu einer entspannten Gesprächsatmosphäre und empathischem Kommunizieren. Das lasse schlingernde Schlittschuhkunden zu begeisterten und treuen Stammkunden werden. Kunden also, die sich umhegt und gepflegt fühlen. Das Resultat sei verlässlicher Umsatz und dafür lohne sich ein wenig Einsatz, den Fischer in einem Imperativ zusammenfasst, der sich an die Teilnehmer ihrer Trainings richtet: „Behandeln Sie Ihre Kunden wie Einkaufsfreunde!“
Hintergrund:
Betina Fischer ist Verkaufsexpertin mit Praxiserfahrung. Mit den Möglichkeiten der empathischen Kommunikation baut sie starke Kundenbeziehungen perfekt auf. Ihr umfangreiches Know-how vermittelt sie in ihren praxisorientierten Vorträgen. Dabei erfahren Verkäufer, Führungskräfte und Unternehmen mit inspirierenden Denkansätzen, wie leicht umsetzbare Impulse neue Verkaufschancen eröffnen.
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