
Claudia Feirer ist eine Frau für die kritischen Phasen: Wenn es in der Personalabteilung brennt, kommt sie ins Spiel. Seit über 35 Jahren arbeitet die HR-Expertin an der Schnittstelle von Struktur, Führung und Kulturwandel – oft als Interim-Managerin und immer mit dem Anspruch, nachhaltige Lösungen zu schaffen. Im Gespräch mit SP_Data, Anbieter für Personalsoftware, spricht sie über falsche Erwartungen an das Personalmanagement, die Chancen und Risiken von KI, den wachsenden Wunsch nach Nähe im Arbeitsleben – und warum echte Führung auch Mut zur Konfrontation braucht.
SP_Data hat mit ihr über Wandel, Software, KI und echte Führung im Personalwesen gesprochen.
Frau Feirer, was erleben Sie, wenn Sie im privaten Umfeld erzählen, dass Sie im HR arbeiten?
Das ist oft sehr unterhaltsam. Von ‚Du machst also Lohnabrechnung?‘ bis ‚Ach, Bewerbungsgespräche, das hatte ich auch mal‘ ist alles dabei. Doch HR ist viel mehr: Es geht um juristische Fragen, Strategie, Führungskräfteentwicklung, Organisationsstruktur, Digitalisierung – die ganze Bandbreite eben.
Wie sind Sie selbst zum Personalbereich gekommen – war das ein Wunschberuf?
Eigentlich wollte ich in die Modebranche. Doch nach sechs Wochen wusste ich: Das wird’s nicht. Stattdessen faszinierte mich das Thema Personal – insbesondere das Potenzial, Dinge zu verbessern. Ich habe gesehen, dass da vieles nicht gut lief und dachte: Das kann man besser machen. Seitdem bin ich geblieben, mittlerweile seit über 35 Jahren. Mit Anfang 30 bin ich in die Selbstständigkeit gegangen, weil ich merkte: Ich liebe es, aufzuräumen, Strukturen zu schaffen – aber wenn alles läuft, wird mir schnell langweilig. Interim-Management war und ist die perfekte Lösung.
Was sind typische Situationen, in denen Sie gerufen werden?
Wenn Personalabteilungen instabil sind. Die Leitung fällt aus, es gab Umstrukturierungen – oder niemand hat sich um Prozesse und Strukturen gekümmert. Auch Softwareeinführungen oder fehlendes Know-how bei Nachfolgeplanung und Führungskräftequalifizierung gehören zu den klassischen Einsatzfällen. Ich übernehme dann für sechs bis neun Monate, entwickle Strukturen und suche oft schon parallel meinen Nachfolger, dessen Einarbeitung ich praktischerweise auch begleite. Ich bin sozusagen die Feuerwehrfrau im Personalmanagement: ich komme, wenn es komplex wird, und gehe, wenn alles wieder läuft.
Welche Rolle spielt Software in Ihrer Arbeit?
Früher hatten wir viele Einzeltools: eines fürs Bewerbermanagement, eines fürs Zeugnis, eines für Zielvereinbarungen. Die Systeme sprachen nicht miteinander, das war ein Albtraum. Heute ist der Wunsch nach integrierten Lösungen groß, doch viele Unternehmen greifen zu groß oder zu klein. Eine zu mächtige Lösung überfordert – eine zu kleine reicht nicht. Man muss genau wissen, was zur eigenen Organisation passt. Und man braucht ein Gespür dafür, wie viel intern überhaupt leistbar ist.
In manchen Situationen können externe Lösungen tatsächlich besser funktionieren, zum Beispiel im Rahmen der Entgeltabrechnung. Oder wird damit zu viel Kontrolle abgegeben?
Das hängt stark von der Unternehmensgröße und dem internen Know-how ab. Ich bin keine Verfechterin von „alles rausgeben“, aber Payroll ist ein Bereich, der extrem technisch und rechtlich anspruchsvoll ist. Wenn das intern nicht sauber läuft – sei es wegen Fachkräftemangel, Systemproblemen oder ständigen Gesetzesänderungen – kann Outsourcing tatsächlich eine Entlastung sein, wenn man einen verlässlichen Partner findet und intern klare Schnittstellen definiert. Kontrolle kann auch heißen, nicht alles selbst zu machen – sondern zu wissen, was man auf welche Weise delegiert.
Wie stehen Sie zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Personalbereich?
Mit Offenheit, aber auch mit gesunder Skepsis. Das Ganze macht Sinn, etwa im Personalmarketing. Man kann sich Anzeigentexte von der KI erstellen lassen und deren Qualität danach im Team diskutieren. Das ist ein guter Mix aus Technik und Mensch.
Die großen Risiken sehe ich hier vor allem im Mittelstand, denn gerade das Thema Datenschutz wird gerne verdrängt. Sensible Daten landen in offenen Systemen – ohne zu wissen, was das eigentlich bedeutet. Da fehlt oft die Awareness. Insgesamt wird die KI viel verändern. Aber wer sich blind auf Systeme verlässt, macht einen gefährlichen Fehler.
Was hat sich gesellschaftlich im Personalmanagement verändert?
Ich beobachte ein starke Tendenz zum Familiarisieren in Unternehmen. Viele junge Menschen erwarten emotionale Nähe von Kollegen, Chefs, dem ganzen Team. Aber das ist eine Überforderung, denn Unternehmen sind keine Ersatzfamilien, sondern Arbeitsgemeinschaften. Es braucht Respekt, klare Regeln, Zusammenarbeit und nicht zwangsläufig emotionale Bindung. Zugleich sehe ich auch eine sinkende Belastbarkeit vieler junger Menschen. Ich erlebe großartige Talente – aber auch viele, die unreif wirken, hohe Ansprüche haben und keine Frustrationstoleranz. Das fällt dann auf die Unternehmen zurück.
Welche Rolle spielt Führung in diesem Wandel?
Führung ist zentral. Ich sage immer: Nur gemischte Teams sind starke Teams, aber Vielfalt zu führen, ist anspruchsvoll. Es reicht nicht, Meetings zu moderieren. Führungskräfte müssen Coach, Konfliktlöser, Kulturentwickler und Gestalter sein – alles gleichzeitig. Außerdem dürfen Konflikte kein Tabu sein. Ich sage oft: Konflikte sind nichts Negatives, sie sind ein Potenzial. Aber man muss lernen, sie zu führen. Das ist eine zentrale Fähigkeit von Führungskräften.
HR steht auch hier mittendrin, Führung ist ein besonders sensibles Thema, das uns Personaler besonders angeht. Und Konfliktfähigkeit muss das Personalmanagement in besonderer Weise mitbringen. HR ist nun einmal kein Feelgood-Management.
Was raten Sie Unternehmen, die ihre HR zukunftsfest aufstellen wollen?
Ich habe drei klare Empfehlungen:
- Holt euch gute Leute – keine reinen Verwalter, sondern strategisch denkende HR-Partner.
- Versteht HR als Teil der Unternehmensführung – nicht als Anhängsel.
- Seid offen – für andere Meinungen, Diversität und neue Wege.
Insbesondere im Personalmanagement sollten wir nie vergessen: Die Zukunft ist nicht nur digital, sie ist vor allem menschlich.
Vielen Dank für dieses Gespräch!
Claudia Feirer ist selbstständige HR-Expertin und erfahrene Interim-Personalleiterin. Sie begleitet Unternehmen in kritischen Phasen und unterstützt bei Strategie, Softwareeinführung, Führungskräfteentwicklung und Kulturwandel. Ihr Markenzeichen: ein klarer Blick, strukturelle Stärke – und ein großes Herz für Menschen in Veränderungsprozessen.
Quelle: SP_Data

